Brüssel hat den Siechtod der Glühbirne beschlossen. Die Hersteller trauern ihr kaum nach. Zwar dürfte der Absatz der langlebigeren Nachfolger niedriger sein. Die Margen sind dafür erfreulich.
Die Beweislast war erdrückend. Kein Geschworenengericht hätte die Angeklagte davonkommen lassen. Die Glühbirne, so die Klageschrift, setzt gerade mal fünf Prozent ihres Energiebedarfs in Licht um. Den Rest verschwendet sie darauf, das ummantelnde Glas zu heizen. So viel Schindluder reicht der EU-Kommission für ein Todesurteil. Die Glühbirne muss sterben. Am Montag beschloss die Kommission in Brüssel ihre stufenweise Exekution. Den Anfang machen die ganz Schlimmen. 100-Watt-Birnen, die Lichtschleudern unter den privaten Leuchten, dürfen ab dem 1. September 2009 nicht mehr verkauft werden. Danach folgt jedes Jahr zum selben Datum die nächstschwächere Glühbirne. 2010: 75 Watt, 2011: 60 Watt, 2012: 40 und 25 Watt.
Von alten Bekannten Abschied zu nehmen ist nicht leicht. In diesem Fall aber bringen die Neuen die größeren Probleme. Denn der Nachfolger der ollen Glühwendel, die Energiesparlampe, hat einen entscheidenden Nachteil: Ihre Lebensdauer. Während man bei einer Glühbirne froh sein konnte, wenn sie länger als ein Jahr durchhielt, hält die Sparversion gleich acht Jahre. Das sorgt bei den Großen der Branche für Unruhe.
Auch wenn EU-Bürger vier Jahre Zeit haben, sich mit Energiesparlampen einzudecken, so hieße das im Extremfall noch immer, dass ab 2012 die nächsten vier Jahre keine mehr verkauft würden. Bei Philips hat man dieses tiefe Tal, das auf die nun anrollende Kaufwelle folgen wird, im Blick. Der Unternehmenssprecher scheut noch nicht einmal vor dem Bonmot des "Paradigmenwechsels" zurück. Ja, es seien große Veränderungen, die da auf die Leuchtenindustrie zukämen, es würde "viel Geschwindigkeit aus dem Markt genommen". Jetzt folgt die Entdeckung der Langsamkeit.
Der Konkurrent Osram hat den Umsatz mit Glühbirnen in den vergangenen Jahren schon auf fünf Prozent gedrosselt. Das Hauptgeschäft sind inzwischen Lichtsysteme für Autos, Handys und andere technische Gebrauchsgeräte. Darin strahlen weder Glühdraht noch Energiesparlampen, sondern LEDs, Leuchtdioden, die kleiner, vielseitiger und zudem noch sparsamer sind als die klobigen Energiesparlampen mit ihrem funzeligen Licht. Aber auch noch viel langlebiger. Eine gewöhnliche LED-Leuchte hält etwa 30 Jahre.
Wenn also richtig Geschwindigkeit aus dem Markt genommen werden soll, dann spricht viel dafür, dass die Energiesparlampe weit kürzer in unser Leben leuchten wird als ihre ineffiziente Vorgängerin. Noch bevor die vier dürren Jahre vorüber sind, wird sie von den neuen LED-Leuchten ersetzt werden. Schon jetzt rechnet Osram mit zweistelligen Zuwachsraten im privaten LED-Geschäft. Auch Philips wittert gute Geschäfte und hat hier in den letzten Jahren für 4 Mrd. Euro zugekauft.
Wohl auch deshalb fällt die Trauer der Branche über den Tod der Glühbirne bescheiden aus. Trotz geringer Haltbarkeit hat man wenig an den Billigbirnen verdient. Das ist bei teureren Leuchten wie den Energiesparlampen natürlich anders. Erst recht bei der LED. Die Entsprechung einer 40-Watt-Birne kostet hier im Moment noch gut 50 Euro.
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