Lieber Herr Schütze,
vielen Dank für Ihre Anfrage, wir wollen Ihnen gleich mal dazu unserere Erfahrung schreiben.
Unabhängig von einer EU-Fördermöglichkeit, empfehlen wir dringend, zu prüfen, inwieweit Ihre Idee überhaupt praktisch realisierbar ist von dem logistischen Aufwand (kurze Zeiten, da Ware schnell verderben kann), einem hygienischen Gesichtspunkt (dürfen Frischwaren nach einer bestimmten Zeit überhaupt noch einmal gekühlt und transportiert werden) und auch dem Cost-Benefit-Ratio, also dem Verhältnis von finanziellem Aufwand und dazu stehenden Nutzen (im Vergleich zu anderen bereits laufenden Hilfsmethoden und -projekten). Wir können uns vorstellen, dass es hier eine Reihe von Regeln und Verordnungen zu beachten gilt, die auch bei vorhandener Finanzierung Ihre Idee geradezu unmöglich oder uneffektiv machen gegenüber bereits gut laufenden Welt-Hilfsprogrammen.
Das ESF (Europäischer Sozialfonds) ist ja eindeutig ein europaweites Förderprogramm, welches nicht zentral in Brüssel verwaltet wird, sondern dezentral in den einzelnen Mitgliedsstaaten oder der Ebene der Bundesländer und dann aber fast auschliesslich auch "nach innen" gerichtet ist. Also Probleme in diesem (Bundes-)Land lösen soll und somit weniger auf eine Transnationalität ausgerichtet ist. ESF ist ein klassischer Strukturfond, dessen Aufgabe der Abbau von regionalen Defiziten und strukturellen Problemen ist. Es gibt natürlich auch in einigen ESF-Programmen die Möglichkeit, transnationale Komponenten anzudocken, dann aber eher als periphere Aktion und nicht in Ihrem Bereich, sondern eher als Komponente des "Transfer von bestPractice" zwischen den Regionen ...
Nicht ganz klar ist mir jetzt Ihre Ausage "ESF im Rahmen des AKP Programms". ESF ist also nach innen gerichtet, die AKP-Programme (AfrikaKaribikPazifk) sind dagegen Strategien und Programme, die nun gar nichts mit dem vorbenannten ESF-Strukturfond gemeinsam haben...
Aus meiner bescheidenen Sicht werden Sie also weder in einem Bundes-ESF-Programm, noch in Ihrem Lande ein ESF-Landesprogramm finden, welches Ihnen da eine Fördermöglichkeit für Ihren an sich sehr lobenswerten Ansatz einräumt.
Gehen wir aus ESF heraus und schauen uns an, was die EU so an Förderprogrammen für die "dritte Welt" und im Bereich "Hilfsmaßnahmen gegen Hunger" hat, so gibt es da natürlich Einiges, allerdings werden Sie aus meiner Kenntnis da mit Ihrem Konzept einer Finanzierung des "Einsammelns und Transportieren von nicht genutzten Lebensmitteln" kaum auf offene Ohren stossen. Dafür ist das laufende Hilfe-System einfach zu gut organisiert uind letztlich auch bereits gut zwischen den weltweit agierenden und etablierten Hilfsorganisationen aufgeteilt. In dieses Räderwerk als Newcomer einzudringen, wird Ihnen einiges abverlangen, um es einmal salopp zu umschreiben...
Bitte belesen Sie sich darüber hinaus auch einmal zu den Intensionen der Europäischen Union, wie sie sich die "Hilfe zur Selbsthilfe" für diese Regionen vorstellt und schauen Sie auch einmal, welche weltweiten Organisationen hier schon aktiv, erfolgreich und eben auch federführend agieren. Und im übrigen auch durch ein Prüfverfahren der EU erst einmal dazu überhaupt legitimiert werden.
Bitte beachten Sie dann auch, dass wahrscheinlich die wenigsten afrikanischen Länder bzw. dessen Regierungen Interesse daran haben werden, solche Lebensmittellieferungen annehmen zu wollen. USAID, einer der großen weltweiten Player liefert ja eben auch nur Säcke mit trockenen Lebensgrundmitteln, wie z.B. Trockenmilchpulver, Mais, Weizen etc..
Das kann man in Trockengebieten mit schlechter Transportlogistik und ohne Kühlsysteme dann eben auch einmal am Strassenrand eine Woche stappeln und dann unkompliziert verteilen...
Ansonsten ist die Europäische Union insgesamt weniger auf Hilfsaktionen ausgerichtet, dass überläßt sie den darauf spezialisierten weltweit operierenden Organisationen, wie eben den Hilfswerken der UNO. Da können Sie aber auch gern einmal recherchieren, was für Sie und Ihrer Idee mit denen machbar wäre.
Gern informieren wir hier, wie Sie an europäische Fördermitteln für Ihre Ideen kommen, in Ihrem Falle scheint mir dies aber fast aussichtslos.
Gern antworte ich Ihnen auf Ihre nächste Frage oder Untersetzung der bisherigen.
Freundlichst aus dem warmen Potsdam
Ihr Michael Seidler
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es gibt nichts Gutes, außer man tut es ;-)
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